Die 4Jährige liegt auf dem Boden und brüllt. Ich stehe hilflos daneben. Ich möchte sie ebenfalls anbrüllen. Was ihr denn eigentlich einfällt, so ein Geschrei zu machen. So ein Geschrei, weil sie kein zweites Eis bekommt. Herrgott, ich meine, es ist das Zweite. Sie hatte doch Eins. Es geht ihr doch gut. Ich finde ihr Schreien so schrecklich daneben. Unfair, schreit es in mir. Das ist einfach unfair. Als ich Kind war, gab es Eis nur zu sehr besonderen Tagen und auch nur eine Kugel. Ich hatte es als Kind nicht so gut, wie meine Tochter jetzt. Und die nimmt sich die Frechheit raus, hier so ein Theater zu machen.
Kennst du solche Situationen?
- Situationen in denen du mindestens genauso wütend, sauer und enttäuscht bist wie dein Kind?
- In denen du nicht mehr in der Lage bist dein Kind zu begleiten, weil du selbst Begleitung bräuchtest?
Ich kenne sie nur zu gut und es hat viel Selbstreflexion und Arbeit an mir selbst gebraucht um herauszufinden, was da eigentlich vor sich geht.
Können Eltern heute nicht mehr auf ihre Intuition hören?
Diese Frage wird mir als Familienberaterin und Fortbildnerin in letzter Zeit häufiger gestellt, und es scheint, als ob immer mehr Eltern in der heutigen Zeit das Gefühl haben, den Bezug zu ihrem Bauchgefühl zu verlieren.
Grenzen ziehen? Fehlanzeige. Gesunder Medienkonsum? Fehlanzeige. Gesunder Umgang mit Lebensmitteln? Schwierig.
Immer mehr Erzieher*innen berichten mir davon, dass sie den ganzen Ansprüchen, der Eltern gar nicht mehr gerecht werden können und sie Eltern zunehmend als hilflos ausgeliefert gegenüber ihren Kindern erleben.
Zwei Seiten derselben Medaille
Und genau hier schließt sich der Kreis. Denn Eltern wollen es heute anders machen als ihre Eltern oder Großeltern. Wollen auf Augenhöhe, bindungs- und beziehungsorientiert erziehen und stoßen dabei ständig an die Grenzen des Machbaren. Diese Grenzen werden von Außenstehenden wahrgenommen.
Aber was ist denn nun mit unserer Intuition?
Zuerst müssen wir verstehen, was Intuition überhaupt bedeutet. Unsere Intution basiert auf Wissen aus dem Unterbewusstsein, was wir schon unser Leben lang dort sammeln und aus Informationen die aus dem Nervengeflecht im Bauch geliefert werden.
Beide Systeme werden aus unserer Erfahrung gespeist.
Begreifst du langsam, auf was ich hinaus will?
Genau, es gibt sehr viele Menschen die glauben, wir habe als Eltern so eine Intuition, die uns von der Natur gegeben ist. Die genau weiß, wie man Kinder groß zieht, gesund ernährt, liebt und begleitet.
Das stimmt so aber nicht ganz.
Diese ganzen Informationen kommen aus den Generationen vor uns. Unseren Eltern, Großeltern, Ur-Großeltern.
Und wie haben die ihre Kinder erzogen?
In den letzten hundert Jahren war Kindererziehung sehr viel mehr von Gehorsam, Disziplin, sich einfügen, bloß nicht auffallen, Fleiß und auch Selbstständigkeit geprägt.
Das ist, woraus unsere Intuition zieht.
Aber jetzt mal ehrlich, haben wir wirklich eine Ahnung davon, was wir tun?
Das bedeutet also, wir bekommen in der heutigen Zeit ein Kind und wollen es anders machen. Wir kaufen uns also zehn Ratgeber und hören drei Podcasts zu dem Thema: Bedürfnisorientierte Erziehung.
Unser Kopf ist jetzt echt gut vorbereitet
Wir wissen quasi alles über Tragen, Stillen, Baby-Led-Weaning, Abhalten, Erziehen ohne Strafen.
Lies den Satz nochmal. Fällt dir was auf?
Wir WISSEN viel über das Thema.
Der Punkt, der immer wieder zu kurz kommt, ist das Fühlen.
Und genau an dieser Stelle geht es schief, wenn Eltern scheinbar nicht auf ihre Intuition hören können und es auch nicht schaffen die Tipps aus dem Erziehungsratgeber zu befolgen.
Ich möchte dir ein kleines Beispiel dazu bringen und erklären was in unserem Gehirn dabei passiert.
Lisa liegt also auf dem Boden und schreit – In unserem Gehirn geht das erste Feuerwerk los, denn wir wollten doch friedvolle Elternschaft leben und unserem Kind nur das Beste geben. Nun liegt es hier und schreit und es scheint ihm schlecht zu gehen. Der Stresspegel schnellt in die Höhe.
Nun könnten wir Lisa schnell ein zweites Eis geben – das würde auf jeden Fall unseren Stresspegel etwas runterbringen, da unser Kind wieder friedlich ist und vielleicht sogar sagt, dass wir die beste Mama auf der Welt sind.
Schaffen wir aber nicht. Nein, Lisa kriegt kein zweites Eis. So geht das ja wohl nicht. Wie soll die denn lernen, dass Essen Geld kostet und wertvoll ist? – Unser Stresspegel steigt massiv an, da jetzt all unsere Systeme miteinander kämpfen.
Da grätschen alte Muster rein, die wir selbst aus der Kindheit kennen und prallen auf das Wissen aus den Erziehungsratgebern. Da schreit das Herz nach Liebe und Eis, während ein anderer Teil des Herzens genau weiß, wie wichtig jetzt Einfühlungsvermögen ist.
Wir sind als Eltern sprichwörtlich Gefangen zwischen den Welten. Gefangen zwischen Herz und Verstand. Zwischen Vergangenheit und Zukunft.
Merkst du was?
Dieser „Kampf“ ums zweite Eis hat sich also vollständig in unseren eigenen Kopf verlagert. WIR haben ein Thema damit und niemand ist da, der uns begleitet. Niemand der uns sagt:
„Hey, es ist ok. Du bist voll neidisch auf deine Tochter, weil es ihr so gut und du das als Kind nicht hattest. Ich fühle das sehr. Und weißt du was. Dir darf es genauso gut gehen, wie deiner Tochter. Es ist egal, ob du entscheidest, dass ihr BEIDE jetzt einfach noch ein Eis esst und die Zeit genießt oder ob du dabei bleibst, dass es nur ein Eis gibt. Die Entscheidung ist deiner Tochter quasi egal. Viel wichtiger ist, dass du zu deiner Entscheidung stehst. Dass deine Tochter weiß, bei dir ist sie sicher. Dass sie brüllen darf und du sie auch mit ihren schwierigen Gefühlen aushältst und liebst.“
Lieber Leser, liebe Leserin,
niemand nimmt uns Eltern an die Hand. Wir sollen ständig Verständnis für die Kinder haben und an unserem Erziehungsstil arbeiten. Sollen der Fels in der Brandung sein und wissen oft selbst nicht wie das geht. Sollen offen kommunizieren und hatten doch keine Vorbilder.
So viel sollen. So viele Anforderungen.
Doch wer kümmert sich um uns?
ICH
Jeden Tag gehe ich dafür raus um zwischen den Welten zu vermitteln, zu übersetzen und zu begleiten.
Denn nur wenn du als Elternteil, dein Herz und deinen Kopf gleichermaßen mit auf den Weg nimmst, kannst du die Lösungen finden, die wirklich zu dir passen.
Lass uns also gemeinsam nach deinen alten Verletzungen schauen, deine Intuition auf Realität überprüfen und deinen ganz eigenen Weg entwickeln.