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Elternschaft im Konflikt: Der Kampf zwischen Erziehungsratgebern und Intuition

Überblick

Wir sind als Eltern sprichwörtlich Gefangen zwischen den Welten. Gefangen zwischen Herz und Verstand. Zwischen Vergangenheit und Zukunft.

Ich heiße Christina Eberitsch, bin Mama von 4 Kindern, Ehefrau und arbeite als systemische Beraterin mit Schwerpunkt Familien in Unterwellenborn.

Elternschaft im Konflikt: Der Kampf zwischen Erziehungsratgebern und Intuition

Kennst du solche Situationen?

  • Situationen in denen du mindestens genauso wütend, sauer und enttäuscht bist wie dein Kind?
  • In denen du nicht mehr in der Lage bist dein Kind zu begleiten, weil du selbst Begleitung bräuchtest?

Ich kenne sie nur zu gut und es hat viel Selbstreflexion  und Arbeit an mir selbst gebraucht um herauszufinden, was da eigentlich vor sich geht.


Können Eltern heute nicht mehr auf ihre Intuition hören?

Diese Frage wird mir als Familienberaterin und Fortbildnerin in letzter Zeit häufiger gestellt, und es scheint, als ob immer mehr Eltern in der heutigen Zeit das Gefühl haben, den Bezug zu ihrem Bauchgefühl zu verlieren.

Grenzen ziehen? Fehlanzeige. Gesunder Medienkonsum? Fehlanzeige. Gesunder Umgang mit Lebensmitteln? Schwierig.

Immer mehr Erzieher*innen berichten mir davon, dass sie den ganzen Ansprüchen, der Eltern gar nicht mehr gerecht werden können und sie Eltern zunehmend als hilflos ausgeliefert gegenüber ihren Kindern erleben.

Zwei Seiten derselben Medaille

Und genau hier schließt sich der Kreis. Denn Eltern wollen es heute anders machen als ihre Eltern oder Großeltern. Wollen auf Augenhöhe, bindungs- und beziehungsorientiert erziehen und stoßen dabei ständig an die Grenzen des Machbaren. Diese Grenzen werden von Außenstehenden wahrgenommen.

Aber was ist denn nun mit unserer Intuition?

Zuerst müssen wir verstehen, was Intuition überhaupt bedeutet. Unsere Intution basiert auf Wissen aus dem Unterbewusstsein, was wir schon unser Leben lang dort sammeln und aus Informationen die aus dem Nervengeflecht im Bauch geliefert werden.

Beide Systeme werden aus unserer Erfahrung gespeist.

Begreifst du langsam, auf was ich hinaus will?

Genau, es gibt sehr viele Menschen die glauben, wir habe als Eltern so eine Intuition, die uns von der Natur gegeben ist. Die genau weiß, wie man Kinder groß zieht, gesund ernährt, liebt und begleitet.

Das stimmt so aber nicht ganz.

Diese ganzen Informationen kommen aus den Generationen vor uns. Unseren Eltern, Großeltern, Ur-Großeltern.

Und wie haben die ihre Kinder erzogen?

In den letzten hundert Jahren war Kindererziehung sehr viel mehr von Gehorsam, Disziplin, sich einfügen, bloß nicht auffallen, Fleiß und auch Selbstständigkeit geprägt.

Das ist, woraus unsere Intuition zieht.

Aber jetzt mal ehrlich, haben wir wirklich eine Ahnung davon, was wir tun?

Das bedeutet also, wir bekommen in der heutigen Zeit ein Kind und wollen es anders machen. Wir kaufen uns also zehn Ratgeber und hören drei Podcasts zu dem Thema: Bedürfnisorientierte Erziehung.

Unser Kopf ist jetzt echt gut vorbereitet

Wir wissen quasi alles über Tragen, Stillen, Baby-Led-Weaning, Abhalten, Erziehen ohne Strafen.

Lies den Satz nochmal. Fällt dir was auf?

Wir WISSEN viel über das Thema.

Der Punkt, der immer wieder zu kurz kommt, ist das Fühlen.

Und genau an dieser Stelle geht es schief, wenn Eltern scheinbar nicht auf ihre Intuition hören können und es auch nicht schaffen die Tipps aus dem Erziehungsratgeber zu befolgen.

Ich möchte dir ein kleines Beispiel dazu bringen und erklären was in unserem Gehirn dabei passiert.

Lisa liegt also auf dem Boden und schreit – In unserem Gehirn geht das erste Feuerwerk los, denn wir wollten doch friedvolle Elternschaft leben und unserem Kind nur das Beste geben. Nun liegt es hier und schreit und es scheint ihm schlecht zu gehen. Der Stresspegel schnellt in die Höhe.

Nun könnten wir Lisa schnell ein zweites Eis geben – das würde auf jeden Fall unseren Stresspegel etwas runterbringen, da unser Kind wieder friedlich ist und vielleicht sogar sagt, dass wir die beste Mama auf der Welt sind.

Schaffen wir aber nicht. Nein, Lisa kriegt kein zweites Eis. So geht das ja wohl nicht. Wie soll die denn lernen, dass Essen Geld kostet und wertvoll ist?  – Unser Stresspegel steigt massiv an, da jetzt all unsere Systeme miteinander kämpfen.

Da grätschen alte Muster rein, die wir selbst aus der Kindheit kennen und prallen auf das Wissen aus den Erziehungsratgebern. Da schreit das Herz nach Liebe und Eis, während ein anderer Teil des Herzens genau weiß, wie wichtig jetzt Einfühlungsvermögen ist.

Wir sind als Eltern sprichwörtlich Gefangen zwischen den Welten. Gefangen zwischen Herz und Verstand. Zwischen Vergangenheit und Zukunft.

Merkst du was?

Dieser „Kampf“ ums zweite Eis hat sich also vollständig in unseren eigenen Kopf verlagert. WIR haben ein Thema damit und niemand ist da, der uns begleitet. Niemand der uns sagt:

„Hey, es ist ok. Du bist voll neidisch auf deine Tochter, weil es ihr so gut und du das als Kind nicht hattest. Ich fühle das sehr. Und weißt du was. Dir darf es genauso gut gehen, wie deiner Tochter. Es ist egal, ob du entscheidest, dass ihr BEIDE jetzt einfach noch ein Eis esst und die Zeit genießt oder ob du dabei bleibst, dass es nur ein Eis gibt. Die Entscheidung ist deiner Tochter quasi egal. Viel wichtiger ist, dass du zu deiner Entscheidung stehst. Dass deine Tochter weiß, bei dir ist sie sicher. Dass sie brüllen darf und du sie auch mit ihren schwierigen Gefühlen aushältst und liebst.“

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